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Corona: Die Arbeit des Betriebsrates und die Berechnung von Kurzarbeitergeld

Corona: Die Arbeit des Betriebsrates und die Berechnung von Kurzarbeitergeld
Wie in unserem letzten Infobrief angekündigt, möchten wir Sie heute über die Funktionsfähigkeit des Betriebsrates in Zeiten des Coronavirus sowie die konkrete Berechnung des Kurzarbeitergeldes informieren.
- Wirksamkeit von Beschlüssen des Betriebsrates
Die gesetzlichen Vorgaben zur Arbeit des Betriebsrates gehen grundsätzlich von einer persönlichen Zusammenarbeit der Betriebsratsmitglieder aus, um durch das Abhalten mündlicher Beratungen gleiche Informations- und Argumentationsmöglichkeiten zu gewährleisten. Derzeit ist jedoch aufgrund der Anordnung von Homeoffice oder gar vorübergehender Betriebsschließung, spätestens jedoch infolge des bundeseinheitlich ausgesprochenen Kontaktverbots das Abhalten persönlicher Betriebsratssitzungen nicht mehr uneingeschränkt möglich.
Bisher gilt die klare Regel im Betriebsverfassungsrecht: Beschlussfassungen per Telefon oder auf elektronischem Wege (E-Mail, Internet, Intranet) sind unzulässig. Und selbst eine Beschlussfassung per Videokonferenz soll grundsätzlich nicht zulässig sein, da das Prinzip der Nichtöffentlichkeit von Betriebsratssitzungen (§ 30 S. 1 BetrVG) nicht gewahrt wäre.
Von diesen Grundsätzen sind jedoch Ausnahmen zuzulassen. So sollen beispielsweise Videokonferenzen möglich sein, wenn Betriebsratsmitglieder häufig auf Dienstreisen im Ausland sind, da in diesem Fall Betriebsratssitzungen unter gleichzeitiger Anwesenheit aller Betriebsratsmitglieder kaum durchsetzbar sind.
Unserer Ansicht nach stellt auch – oder erst recht – die derzeitige Coronavirus-Pandemie eine Ausnahmesituation dar, die veränderte Bedingungen hinsichtlich der Tätigkeit des Betriebsrates erfordert. Aus Gründen des Gesundheitsschutzes der Belegschaft bzw. nunmehr gar aufgrund behördlicher Anordnung kann die Anwesenheit aller Betriebsratsmitglieder in den betrieblichen Räumen beeinträchtigt sein. Wir halten es deshalb für betriebsverfassungsrechtlich vertretbar, dass sich der Betriebsrat für die Dauer der Corona-Krise selbst Regelungen aufstellt, um von der üblichen Handhabung der Beschlussfassung in Sitzungen mit Anwesenheit aller Mitglieder abzuweichen. Dies sollte idealerweise im Rahmen einer Geschäftsordnung des Betriebsrates erfolgen (§ 36 BetrVG).
Achtung! Auch für den Arbeitgeber ist es wichtig, auf die Wirksamkeit von Betriebsratsbeschlüssen zu achten. Wenn beispielsweise eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen wird, nach der auf die Belegschaft Einschnitte zukommen im Rahmen von Kurzarbeit, einseitige Urlaubsgewährung, Handhabung von Arbeitszeitkonto oder Ähnlichem, könnte sich der einzelne Arbeitnehmer später zu seinen Gunsten darauf berufen, dass er sich an eine unwirksam zu Stande gekommene Betriebsvereinbarung nicht gebunden sieht und deshalb die früheren Rechte weiter beansprucht. Oder die unwirksame Durchführung eines Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG vor Ausspruch einer Kündigung hätte zur Folge, dass der betroffene zu kündigende Arbeitnehmer die Kündigung mit der Unwirksamkeit der Betriebsratsbeteiligung angreifen könnte.
- Berechnung des Kurzarbeitergeldes
Nach der Anzeige zur Kurzarbeit steht für Arbeitgeber nunmehr der nächste formale Schritt an: die Stellung des Leistungsantrags auf Kurzarbeitergeld, d.h. die Abrechnung gegenüber der Agentur für Arbeit.
Nach § 105 SGB III beträgt das Kurzarbeitergeld bei einem erhöhten Leistungssatz nach den Vorschriften über das Arbeitslosengeld 67 % und bei den übrigen Arbeitnehmern 60 % der Nettoentgeltdifferenz. Gemäß § 106 Abs. 1 SGB III entspricht die Nettoentgeltdifferenz der Differenz zwischen dem Nettoentgelt aus dem Soll-Entgelt (Bruttoeinkommen, das der Mitarbeiter „normalerweise“ erhält) und dem Ist-Entgelt (tatsächliches Bruttoentgelt im Monat der Kurzarbeit). Die Höhe des Kurzarbeitergeldes lässt sich aus der Tabelle zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes für Beschäftigte von 2020 ablesen.
So beträgt das Kurzarbeitergeld für einen Mitarbeiter, dessen elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale die Steuerklasse III und einen Kinderfreibetrag von 1,0 beinhalten und für den somit bei der Berechnung des Kurzarbeitergeldes der Leistungssatz 1 (d.h. 67 %) gilt, mit einem „normalen“ monatlichen Arbeitsentgelt (Soll-Entgelt) i.H.v. EUR 2.500,00 brutto bei „Kurzarbeit Null“ (Ist-Entgelt: EUR 0,00) EUR 1.295,11.
Auch wenn der Mitarbeiter 50 % der Zeit („Kurzarbeit 50“) arbeitet, ergeben sich bei der Berechnung keine Probleme. So beträgt – unter sonstiger Beibehaltung der Parameter im obigen Beispiel – das „Ist-Entgelt“ EUR 1.250,00 brutto. Das Kurzarbeitergeld aus dem Soll-Entgelt beträgt wie dargelegt EUR 1.295,11. Der rechnerische Leistungssatz des Kurzarbeitergeldes aus dem Ist-Entgelt beträgt EUR 675,36. Das Kurzarbeitergeld beträgt mithin EUR 1.295,11 – EUR 675,36 = EUR 619,75. Das tatsächlich erarbeitete Ist-Entgelt i.H.v. EUR 1.2500,00 brutto wird ohne Besonderheiten abgerechnet.
Schwieriger wird die Abrechnungsthematik, wenn der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld aufstockt oder Zuschüsse zahlt. So sind Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld zwar als Arbeitseinkommen i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 4 EStG steuerpflichtig. Sie zählen jedoch unter der Voraussetzung des § 1 Abs. 1 Nr. 8 SvEV dann nicht als sozialversicherungspflichtiges Einkommen, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Unterschiedsbetrages zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 SGB III nicht übersteigen. Somit bleiben Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld sowohl bei der Beitragsberechnung als auch bei der Leistungsgewährung in der Sozialversicherung außer Betracht. Übersteigen die Zuschüsse unter Hinzurechnung des Kurzarbeitergeldes jedoch das fiktive Arbeitsentgelt, ist der übersteigende Teil des Zuschusses beitragspflichtig. Unter Heranziehung des obigen Beispiels bedeutet das:
Berechnung | Betrag in EUR |
Für das Sollentgelt von EUR 2.500,00 | 1.295,11 |
Für das Istentgelt von EUR 1.250,00 € | 675,36 |
Kurzarbeitergeld (= Differenz): | 619,75 |
Ausgefallenes Entgelt: | 1.250,00 |
80% des ausgefallenen Entgelts (Fiktivlohn): | 1.000,00 |
Maximal möglicher beitragsfreier Zuschuss: EUR 1.000,00 - EUR 619,75 | 380,25 |
Ein höherer Zuschuss als EUR 380,25 wäre somit beitragspflichtig. Gewährt der Arbeitgeber einen Zuschuss i.H.v. EUR 500,00, überschreiten das Kurzarbeitergeld (EUR 619,75) und der Zuschuss (EUR 500,00) den Betrag des fiktiven Arbeitsentgelts (EUR 1.000,00) um EUR 119,75. Diese EUR 119,75 sind beitragspflichtig. Die Beiträge sind vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte zu tragen.
Selbstverständlich bleiben wir weiter für Sie am Ball und lassen Ihnen aktuelle Informationen zukommen. Zögern Sie nicht, mit Fragen auf uns zuzukommen.