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Corona: Kurzarbeit und Soforthilfen im internationalen Vergleich

In unserem 3. arbeitsrechtlichen Update vom 19. März 2020 durften wir Ihnen bereits einen Überblick über das Thema Kurzarbeit liefern. Da viele unserer Mandanten internationale Niederlassungen betreiben, möchten wir Ihnen mit hiesigem Infobrief Einblick in die (Kurzarbeits-)Regelungen sowie Soforthilfemaßnahmen anderer europäischer Staaten gewähren.
So hat der österreichische Gesetzgeber am 15. März 2020 den bisherigen Anwendungsbereich der Kurzarbeit im Rahmen der Bundesrichtlinie Kurzarbeitsbeihilfe COVID-19 („KUA-Richtlinie“), welche rückwirkend ab dem 01. März 2020 gültig ist, erheblich ausgedehnt und damit gesetzlich die sog. Corona-Kurzarbeit geschaffen. Anträge können rückwirkend zum 01. März 2020 erfolgen. Corona-Kurzarbeit kann zunächst für bis zu 3 Monate beantragt und anschließend auf bis zu 6 Monate verlängert werden. Die Höhe der Kurzarbeitsbeihilfe richtet sich nach definierten Pauschalsätzen, welche zwischen 80 % und 90 % des bisherigen Verdienstes liegen. Diese sind in Pauschalsatztabellen geregelt und je nach Ausmaß der wöchentlichen Normalarbeitszeit gegliedert.
Frankreich versucht Unternehmen durch einen Aufschub der Sozialabgaben und Steuern für bis zu 3 Monaten zu unterstützen. Die Kurzarbeit (chômage partiel) ist in Frankreich „letztes Mittel“; zuvor sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen (Urlaubsabbau, Überstundenabbau etc.). Zur Einführung der Kurzarbeit bedarf es einer Erlaubnis des Präfekten, der sie zunächst für höchstens 6 Monaten erteilt. Die Arbeitnehmer erhalten eine Entschädigung vom Arbeitgeber, die grundsätzlich mindestens 70 % seiner stündlichen Bruttovergütung (also ungefähr 84 % des Nettogehalts) entspricht. Der Arbeitgeber beantragt anschließend bei der Agence de Services et de Paiement (ASP) eine Rückerstattung. Gegenwärtig liegt diese bei 7,74 Euro pro nicht geleisteter Arbeitsstunde in Unternehmen mit bis zu 250 Arbeitnehmern und bei 7,23 Euro in Unternehmen mit mindestens 251 Arbeitnehmern.
In Tschechien gibt es eine modifizierte Form der Kurzarbeit, die sog. „teilweise Arbeitslosigkeit“. Kann der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern keine Arbeit im Umfang der „normalen“ wöchentlichen Arbeitszeit zuteilen, steht den Arbeitnehmern Lohnfortzahlung in Höhe von mindestens 60 % des monatlichen Durchschnittsverdienstes zu. Das tschechische Gesetz sieht im Rahmen der teilweisen Arbeitslosigkeit die (eher theoretische Möglichkeit) eines Zuschusses vom Staat an den Arbeitgeber vor. Dieser kann geleistet werden, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine Arbeit zuweisen kann, die mindestens 20 % der üblichen Wochenarbeitszeit entspricht und er sich überdies gegenüber dem Arbeitsamt verpflichtet, während der Dauer der Bezuschussung keine Kündigungen auszusprechen.
In keinem anderen Staat sind die Ausmaße so verheerend und die Folgen der Corona-Pandemie so tiefgreifend wie in Italien. Die speziell für die Covid-19 Situation geltenden Regelungen sind im Dekret „Cura Italia“ enthalten. Der italienische Sozialversicherungsträger I.N.P.S. zahlt auf Grundlage dieses Dekrets eine Art außerordentliches Kurzarbeitergeld. Unternehmen haben die Möglichkeit, die Tätigkeit jener Arbeitnehmer, die infolge Covid-19 nicht eingesetzt werden können, für max. 9 Wochen auszusetzen. Die Bezahlung wird für diesen Zeitraum zu 80% von der I.N.P.S. übernommen. Das Hilfsmaßnahmenpaket sieht auch für die Arbeitnehmer selbst zahlreiche Erleichterungen vor; so dürfen Eltern minderjähriger Kinder, die nicht älter als 12 Jahre sind, 15 Tage „Auszeit“ nehmen, die zu 50% von I.N.P.S. bezahlt werden. Unternehmen können auch einen Antrag auf ordentliche Kurzarbeit für einen Zeitraum von maximal drei Monaten stellen. Er führt zur Unterbrechung der außerordentlichen Kurzarbeit.
Auch England hat reagiert und Mitte März Pläne für ein Programm zur Erhaltung von Arbeitsplätzen („Job Retention Scheme“) zur Unterstützung bei der Zahlung von Gehältern von aufgrund des Coronavirus nicht arbeitenden Mitarbeitern angekündigt. Bekannt ist bisher, dass alle Unternehmen im Vereinigten Königreich einen Anspruch auf die in Aussicht gestellten Zuschüsse haben sollen. Vorgesehen sind befristete Beihilfen für zunächst 3 Monate. Um teilzunehmen müssen Arbeitgeber zunächst die betroffenen Arbeitnehmer als „beurlaubte Arbeiter“ („furloughed workers“) bestimmen und diese über ihre Statusänderung informieren. Die notwendigen Informationen werden dann an die HMRC (Abteilung, die u.a. für die Erhebung von Steuern und die Zahlung bestimmter Formen staatlicher Unterstützung zuständig ist) durch ein Online-Portal übermittelt. Der HMRC wird 80% der „Kosten“ des beurlaubten Mitarbeiters bis zu einer Obergrenze von 2.500 £ pro Monat direkt an die Arbeitgeber erstatten. Daneben gibt es auch in England die klassische Kurzarbeit. Diese muss – wie auch in Deutschland – im Arbeitsvertrag vereinbart worden sein. Bei Kurzarbeit haben Arbeitnehmer erst dann Anspruch auf eine gesetzliche Garantiezahlung, wenn ihr Lohn mind. 50 % gekürzt wurde.
Der polnische Gesetzgeber hat 2013 ein Gesetz über besondere Lösungen für den Schutz von Arbeitsplätzen verabschiedet, welches u.a. Bedingungen für die Herabsetzung der Arbeitszeit enthält. Das Gesetz sieht grundsätzlich auch finanzielle Hilfen vor. Das Problem: Der Gesetzgeber hat in dem Gesetz auch bestimmt, dass die notwendigen Verträge zwischen dem Arbeitgeber und der zuständigen Verwaltung über die Auszahlung der entsprechenden Hilfen in einem ersten Zeitraum bis zum 30.06.2014 geschlossen werden mussten. Nach diesem Zeitpunkt hat der Arbeitsminister den Stand der Arbeitslosigkeit in Polen zu beobachten. Erst, wenn die Arbeitslosenzahlen um 7% in zwei aufeinanderfolgenden Monaten steigen, ist die Regierung verpflichtet, zu handeln. Das bedeutet: theoretisch gibt es Regelungen, praktisch kann davon jedoch kein Gebrauch gemacht werden. Es liegt also an der Regierung, inwieweit Hilfen zur Bewältigung der Coronakrise gewährt werden.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es in vielen Ländern Pendants zur hiesigen Kurzarbeit gibt. Primär sind aktuell jedoch von den jeweiligen Regierungen kurzfristig verabschiedete Maßnahmen sowie geschnürte Rettungspakete, die den Unternehmen / Arbeitgebern zugutekommen bzw. diese in der aktuellen Situation unterstützen sollen das vorrangige Mittel der Wahl. Diese Regelungen sind (noch) nicht überall ausgereift und unterliegen daher einem stetigen Wandel. Über Änderungen werden wir jedoch über unser internationales Netzwerk ständig auf dem Laufenden gehalten und leiten diese gerne an Sie weiter.
Auch in Deutschland besteht neben der Kurzarbeit seit Ende letzter Woche die Möglichkeit, Soforthilfen in Anspruch zu nehmen. Eine Verlinkung zu den Anträgen der jeweiligen Bundesländer finden Sie im Anschluss. Die jeweiligen Anträge sind bis spätestens zum 31.05.2020 bei der zuständigen Landesbehörde zu stellen. Gerne steht unser Wirtschaftsrechts-Team Ihnen bei der Durchführung der Antragsverfahren zur Seite und unterstützt Sie bei jedweden Rückfragen.