RB-AKTUELL
RB aktuell – Das Arbeitsrechtsteam von RB informiert:
Corona: Corona und Urlaub der Arbeitnehmer - Teil 2

Aufgrund der erneut stark steigenden Zahlen der Corona-Infektionen sowohl in Deutschland als auch in den EU-Mitgliedstaaten werden durch das Robert-Koch-Institut erneut zahlreiche beliebte Reiseziele als Risikogebiete ausgewiesen. Neben Spanien – so auch Mallorca – und beliebten Urlaubszielen in Kroatien ist nun auch Frankreich betroffen: seit dem 24. August 2020 sind die Regionen Île-de-France, mithin Paris, und Provence-Alpes-Côte d’Azur als Risikogebiete eingestuft (die Auflistung der aktuellen Risikogebiete finden Sie unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogebiete_neu.html). Der weitere Verlauf hinsichtlich der Einordnung von Risikogebieten ist regelmäßig kaum absehbar und erfolgt häufig kurzfristig.
Wie bereits im Rahmen unseres letzten RB-Infobriefs geschildert, stellt eine Reisewarnung kein Reiseverbot dar, Reisen sind mithin dennoch möglich. Allerdings ist für Einreisende in die Bundesrepublik je nach Regelung des betroffenen Bundeslandes regelmäßig eine häusliche Quarantäne erforderlich, wenn diese innerhalb der letzten 14 Tage vor der Einreise in einem Risikogebiet waren.
Eine solche Einreisequarantäne ist auch für das Arbeitsverhältnis des Betroffenen von nicht unerheblicher Relevanz, wenn dieser gegebenenfalls nicht an seine Arbeitsstätte zurückkehren darf:
- Informationsanspruch
Zunächst besteht, wie zuletzt ausgeführt, ein Informationsanspruch der Arbeitgeber hinsichtlich des Aufenthalts in einem Risikogebiet. Zudem sind die Arbeitnehmer zur Mitteilung über eine etwaige Arbeitsverhinderung infolge der Quarantäne verpflichtet.
- Anfängliches Risikogebiet
Arbeitnehmern, die ihren Urlaub sehenden Auges in einem Risikogebiet verbringen, also schon bei Urlaubsantritt feststand, dass das Reiseziel als Risikogebiet gilt, steht für die Dauer der anschließenden häuslichen Isolation, die ohne behördliche Anordnung erfolgt, ein Anspruch auf Lohnfortzahlung regelmäßig nicht zu. Ausnahmsweise verhält es sich anders, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung auch im Home-Office erbringen kann.
Ist jedoch die Quarantäne kraft Quarantäneverordnung des jeweiligen Bundeslandes behördlich angeordnet, so kommt der Staat für den Lohnausfall auf: § 56 IfSG gewährt dem Arbeitgeber einen Regressanspruch für die zu gewährende Lohnersatzleistung. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums teilte der Presse mit, dies gelte auch für wissentliche Risiko-Reisen. Ob dies auch durch die Rechtsprechung bestätigt wird, ist jedoch sehr zweifelhaft. Denn das Infektionsschutzgesetz schließt einen Anspruch auf Lohnersatzleistungen aus, wenn die Quarantäne hätte vermieden werden können.
- Nachträglich zum Risikogebiet erklärt
Sofern ein Reiseziel erst während des Urlaubs als Risikogebiet deklariert wurde, hat der Arbeitnehmer die anschließende Quarantäne grundsätzlich nicht verschuldet. Dennoch besteht ein Anspruch auf Lohnfortzahlung gemäß § 616 BGB regelmäßig nur für etwa drei bis fünf Tage, sofern die Arbeit nicht ohnehin aus dem Home-Office möglich ist.
Auch hier gilt: ist die Quarantäne im Sinne des Infektionsschutzgesetzes behördlich angeordnet, besteht ein Anspruch auf Lohnersatzleistungen. Der Arbeitgeber kann das Gesundheitsamt gemäß § 56 IfSG in Regress nehmen.
- Kein Risikogebiet aber gesteigerte Infektionsgefahr
Davon abzugrenzen ist der Fall, dass ein Arbeitnehmer aus dem Urlaub zurückkehrt und sich in einem Gebiet aufgehalten hat, dass zwar (noch) nicht als offizielles Risikogebiet gilt, aber jedenfalls eine erhöhte Infektionsgefahr aufweist. In diesem Fall steht es Ihnen als Arbeitgeber frei, den jeweiligen Mitarbeiter im Rahmen ihrer Fürsorge für die Belegschaft vorsichtshalber vor Arbeitsantritt in eine 14-tägige „Quarantäne“ zu schicken oder einen (negativen) Test zu verlangen, wenn die Arbeitsleistung für diesen Zeitraum nicht im Home-Office erbracht werden kann. Sofern das Urlaubsziel nicht als Risikogebiet eingestuft wurde, wird man dem Arbeitnehmer diese Ausfalltage aber wohl bezahlen oder als Urlaub gewähren müssen. Denn aus arbeitsrechtlicher Sicht ist der Tatbestand des Annahmeverzuges erfüllt, wenn Sie die Arbeitsleistung, zu deren Erbringung der Arbeitnehmer bereit wäre, nicht annehmen.
Derzeit arbeitsrechtlich noch nicht geklärt ist die Frage, ob Sie die selbst festgelegte Quarantäne durch die Anordnung eines Tests umgehen bzw. verkürzen können. Nach unserem Dafürhalten ist ein entsprechendes Vorgehen durchaus vertretbar. Dem Arbeitnehmer ist es unter überschaubarer Mitwirkung bei der Testung möglich, den Zeitraum des Annahmeverzugs zu reduzieren und die ungestörte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu ermöglichen. In der praktischen Umsetzung wären jedoch zunächst die genauen Modalitäten der Testung wie Ort, Zeit und Kosten sowie etwa die Dauer der Auswertung zu fixieren.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass es für die Lohnfortzahlung im Falle einer Einreisequarantäne nach dem Sommerurlaub auf den jeweiligen Einzelfall ankommt. Im Rahmen der wechselseitigen Rücksichtnahmepflichten dürfte von Arbeitnehmern jedenfalls zu erwarten sein, dass sie sich einem Corona-Test unterziehen. Wenn der Arbeitnehmer eine Testung grundlos verweigert, kommt nach unserem Dafürhalten eine Lohnkürzung für den Quarantänezeitraum in Betracht.
Sofern sich im konkreten Fall Fragen zum Umgang mit Urlaubsrückkehrern ergeben, stehen wir Ihnen wie gewohnt gerne zur Seite.
Am heutigen Donnerstag (27.08.2020) kommt Kanzlerin Merkel erneut mit den Ministerpräsidenten der Länder zusammen, um über neue Regelungen für Rückkehrer aus Risikogebieten zu beraten. Über etwaige Änderungen halten wir Sie selbstverständlich gerne weiterhin informiert.