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Corona: Corona und Urlaub der Arbeitnehmer

Mittlerweile hat sich die Coronalage in Deutschland und in den meisten Ländern der EU erheblich verbessert, sodass die Bundesregierung die weltweite Reisewarnung gelockert hat. Dennoch wird weiterhin vor nicht notwendigen, touristischen Reisen ins Ausland gewarnt. Ausgenommen hiervon sind die meisten Länder der EU, Schengen-assoziierte Staaten (Schweiz, Island und Liechtenstein) und Großbritannien.
Eine solche Reisewarnung stellt grundsätzlich kein Reiseverbot dar, sodass Reisen trotz Reisewarnungen möglich sind. Betroffen hiervon ist z.B. die Türkei als ein beliebtes Reiseziel.
Die Liste der Länder, für die eine Reisewarnung besteht, richtet sich nach den Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) für Risikogebiete, die auf die Entwicklung der Infiziertenzahlen regelmäßig angepasst werden. Die aktuellen Risikogebiete sind unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogebiete_neu.html zu finden. Bei den Risikogebieten kann es sich auch um einzelne Städte oder Regionen handeln.
Aufgrund der weiterhin bestehenden Infektionsgefahren haben die Bundesländer für Einreisen aus Risikogebieten Verordnungen erlassen, wonach Ein- und Rückreisende, die sich innerhalb von 14 Tagen vor Einreise in einem Risikogebiet aufgehalten haben, verpflichtet sind, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in häusliche Quarantäne für einen Zeitraum von 14 Tagen nach der Einreise zu begeben. Ein- und Rückreisende sind zudem verpflichtet, sich unverzüglich bei der zuständigen Behörde zu melden, die die Einhaltung der Quarantäne überwacht. Ein Verstoß gegen diese Pflichten ist bußgeldbewährt.
Diese Einreisequarantäne wirkt sich dabei in mehrerer auch auf das Arbeitsverhältnis aus, wenn die ArbeitnehmerInnen nicht an ihre Arbeitsstätte zurückkehren dürfen.
1. Informationsanspruch des Arbeitgebers
Grundsätzlich ist der Urlaubsort der ArbeitnehmerInnen für Arbeitgeber unerheblich. Arbeitgeber müssen jedoch Schutzmaßnahmen ergreifen, um eine Infizierung ihrer ArbeitnehmerInnen mit Corona bestmöglich zu vermeiden. Das Risiko für die Belegschaft kann durch Urlaubsrückkehrer aus Risikogebieten erheblich erhöht werden, weshalb angemessene Maßnahmen zum Schutz ergriffen werden müssen.
Damit Arbeitgeber die angemessenen Maßnahmen ergreifen können, besteht ein Informationsanspruch der Arbeitgeber, ob die ArbeitnehmerInnen in ein Risikogebiet reisen wollen sowie ob sie Urlaub in einem Gebiet gemacht haben, dass während des Urlaubs zum Risikogebiet erklärt wurde.
Aufgrund der Einreisequarantäne-Pflicht besteht außerdem eine Mitteilungspflicht aufgrund der dadurch entstehenden Arbeitsverhinderung.
2. Lohnfortzahlung während der Einreisequarantäne (ohne Erkrankung) aufgrund Verordnung bzw. behördlicher Anordnung
Bei der Lohnfortzahlung während der Einreisequarantäne sind unterschiedliche Fälle zu betrachten:
a) Möglichkeit zur Erbringung der Arbeitsleistung während der Einreisequarantäne
Besteht die Möglichkeit, die Arbeitsleistung während der Einreisequarantäne aus dem Homeoffice zu erbringen, besteht insoweit ein Entgeltanspruch.
b) Keine Möglichkeit für Homeoffice
Kann die Arbeitsleistung während der Einreisequarantäne nicht erbracht werden, gilt zunächst der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“. Ob davon Ausnahmen bestehen, hängt maßgeblich davon ab, ob die Arbeitsverhinderung vorhersehbar war und von den ArbeitnehmerInnen verschuldet wurde. Ist die Arbeitsverhinderung vom Arbeitnehmer verschuldet, so besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Lohnfortzahlung.
aa) Risikogebiet vor Urlaubsantritt
Wer in ein Gebiet reist, dass vor Reiseantritt als Risikogebiet ausgewiesen wurde, verursacht damit wissentlich die Einreisequarantäne nach Urlaubsrückkehr und hat damit die Arbeitsverhinderung verschuldet.
Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht in diesen Fällen nicht.
bb) Einstufung als Risikogebiet während des Urlaubs
Wird das Urlaubsziel erst während des Urlaubs als Risikogebiet eingestuft, so liegt auf Seiten des Arbeitnehmers grundsätzlich kein Verschulden an der durch die Einreisequarantäne verursachten Arbeitsverhinderung vor.
Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung kann in diesem Fall aus § 616 BGB bestehen, der jedoch nur kurze Zeiträume, ca. 3 bis 5 Tage, gilt. Nach Ablauf dieses kurzen Zeitraums besteht nach § 616 BGB kein Lohnfortzahlungsanspruch mehr.
Der Anspruch aus § 616 BGB kann allerdings (tarif-)vertraglich ausgeschlossen sein.
Wenn Arbeitgeber vertraglich nicht zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet sind, greift zum Schutz der Arbeitnehmer ein Entschädigungsanspruch, der im Infektionsschutzgesetz (§ 56 IfSG) geregelt ist. Danach zahlt der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt für die ersten sechs Wochen der Quarantäne weiter. Für die Zahlungen kann er eine Erstattung bei der im jeweiligen Bundesland zuständigen Behörde beantragen. Eine frühzeitige Abstimmung mit der Behörde ist dringend zu empfehlen.
3. Erkrankung während der Einreisequarantäne aufgrund Verordnung bzw. behördlicher Anordnung
a) Mit Covid 19
Ein Anspruch auf Entschädigung für einen Verdienstausfall nach § 56 IfSG ist ausgeschlossen, wenn die Arbeitsverhinderung hätte vermieden werden können.
Dies dürfte bei einer Reise in ein bekanntes Risikogebiet regelmäßig der Fall sein, weshalb ein Anspruch regelmäßig ausfallen dürfte.
Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall setzt gemäß § 3 EFZG voraus, dass der Krankheitsfall ohne Verschulden des Arbeitnehmers eingetreten ist. Das Verhalten eines Arbeitnehmers wird dann als anspruchsausschließend bewertet, wenn dem es sich um einen groben Verstoß gegen das eigene Interesse eines verständigen Menschen handelt. Es spricht zumindest vieles dafür, eine Urlaubsreise in ein bekanntes Risikogebiet als besonders leichtfertig anzusehen.
Wurde das Urlaubsziel erst nach Beginn der Reise als Risikogebiet eingestuft und steckt sich der Arbeitnehmer dort mit Covid 19 an, scheidet ein Verschulden gemäß § 3 EFZG aus. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gemäß § 3 EFZG. Nachrangig besteht ein Anspruch auf Entschädigung des Verdienstausfalls aus § 56 IfSG.
b) Andere Erkrankung
Erkrankt ein Arbeitnehmer während der Einreisequarantäne anderweitig, kommt es für seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung darauf an, ob er während der Einreisequarantäne einen grundsätzlichen Anspruch auf Lohn bzw. Lohnfortzahlung hat.
Erbringt er seine Arbeitsleistung im Homeoffice, besteht ein Anspruch auf Arbeitsentgelt und folglich auch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Besteht ein Anspruch auf Lohnfortzahlung aus § 616 BGB oder aus § 56 IfSG, besteht insoweit auch ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gemäß § 3 EFZG.
Besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung wegen selbst verschuldeter Einreisequarantäne, so besteht während dieser Zeit auch kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung aus § 3 EFZG.
Endet die Einreisequarantäne bevor die anderweitige Krankheit endet, beginnt nach Ende der Einreisequarantäne der Entgeltfortzahlungsanspruch.
4. Wegfall der Einreisequarantäne aufgrund Verordnung bzw. behördlicher Anordnung
Sofern die Verordnungen zur Einreisequarantäne aufgehoben werden sollten und auch sonst keine behördliche Anordnung zur Einreisequarantäne vorliegen sollte, hat der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung grundsätzlich regulär anzubieten. Geht er von sich aus zunächst in Quarantäne, entfällt sein Anspruch auf Arbeitsentgelt.
Stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer fürsorglich von der Arbeitsleistung frei, so hat er das Arbeitsentgelt während dieser Zeit fortzuzahlen.
5. Ausnahmen von der Einreisequarantäne
Die Einreisequarantäne gilt u.a. nicht für das Transportgewerbe, für Personen in systemrelevanten Bereichen, bei zwingend notwendigen und unaufschiebbaren beruflichen oder medizinischen Gründen, bei Aufenthalten von weniger als 48 Stunden oder bei einem sonstigen triftigen Reisegrund, wie z.B. der Wahrnehmung eines elterlichen Sorgerechts.
Eine Einreisequarantäne kann – in Abstimmung mit der zuständigen Behörde – auch durch ein ärztliches Zeugnis erfolgen, welches höchstens 48 Stunden vor der Einreise vorgenommen wurde, dass keine Erkrankung mit Covid 19 vorliegt.